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Heinrich Schütz gehört mit Hermann Joseph Schein (1586-1630) und Samuel Scheidt (1587-1654) zum berühmten sogenannten Dreigestirn der frühbarocken Komponisten aus Mitteldeutschland 100 Jahre vor J. S. Bach. Die „Musikalischen Exequien“ können nach meinen Ohren als eine zentrale halbe Stunde seines Schaffens (die mir vorliegende Gesamteinspielung umfasst 19 CDs, die neue Einspielung bei Carus umfasst 28 CDs) angesehen werden. Als äußerst gelassene Begräbnismusik eignet sich das Werk wohl besonders gut als Meditations- / Entspannungsmusik.
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Von den vielen - qualitativ deutlich unterschiedlichen - bei YouTube verfügbaren Aufnahmen lege ich nahe: Schütz: Musikalische Exequien I - Vox Luminis, https://www.youtube.com/watch?v=E3YpngSU7Zo, Gesamtdauer 24:19, bei YouTube eingestellt 2017, aktuell rd. 31.500 Abrufe, und umfasst lediglich den 1. Teil (SWV 279, rd. 24 min.) des dreiteiligen Werkes (ohne SWV 280 und 281 mit rd. 8 min., die ebenfalls unter YouTube verfügbar sind). Die Aufnahme von 2010, veröffentlicht 2011 als CD bei Outhere/Ricercar enthält neben SWV 279, Track 7-8 (3:59, 20:21) auch (Track 5, 3:15) eine Aufnahme von Samuel Scheidt: Wir glauben all an einen Gott, vermutlich auch von Scheidt: Mit Fried und Freud ich fahr dahin (Track 6, 3:29) von 1999, 3:29, sowie von Schütz: Track 9: SWV 280 (3:28), Track 10: SWV 281 (4:57) und Track 1: SWV 432 (4:01), Track 2: SWV 464 (3:37), Track 3: SWV 433 (3:18), Track 4: SWV 277 (4:44). Die Besonderheit dieser YouTube-Übernahme ist der mitlaufende Notentext, was die Geschichte - für mich - unglaublich spannend macht: Der ständige Wechsel zwischen unterschiedlich solistisch besetzten Abschnitten und der 6-stimmigen „Capella“ (dem Chor), als Begleitung ständig das Orgelpositiv und teils auch Gambe; dabei ein ebenfalls munterer Wechsel zwischen polyphonen und homophonen Figuren: All dies erschließt sich - ggf. bei wiederholtem Hören zunehmend - grafisch/optisch aus dem Notenbild. Neben dem eindrucksvollen harmonischen Geschehen ist die Rhythmik herauszuheben, im Übergang von der altertümlichen freien Form zum geraden 4/2-Takt mit unterschiedlicher Betonung und Synkopierung (kurz vor dem Ende auch noch ein 3er-Takt, aufgeschrieben als 6/2, aber - wie sich das gehört - schneller vorgetragen). Als besonders effektvolle Stelle sei die brillante Öffnung herausgehoben: Sek 39, Takt 7, bei: Herr Gott Vater im Himmel, dann wieder bei: Jesu Christe, Gottes Sohn, wie auch bei: Herr Gott heiliger Geist - was bei manch anderen Einspielungen nicht so gut gelingt.
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Außerdem gibt es bei YouTube einen auch filmischen Mitschnitt einer Aufführung der Musikalischen Exequien durch dasselbe Ensemble: Vox Luminis unter Leitung durch den Bassisten Lionel Meunier: Vox Luminis - Musikalische Exequien, https://www.youtube.com/watch?v=BKqK1df8heI, Gesamtdauer 2:13:27, live übertragen 2018 aus der berühmten Wigmore Hall in London, aktuell gut 26.500 Aufrufe. Neben einer kompletten und etwas getragener vorgetragenen Fassung der Exequien von Schütz beinhaltet das komplett übertragene Konzert zwei weitere kürzere Stücke von Schütz (SWV 391 und SWV 352), je eine Motette von Thomas Selle (1599-1663) und Samuel Scheidt, sowie von vier älteren Verwandten von J. S. Bach, nämlich von Johannes (1604-1673), Johann Michael (1648-1694), Johann Christoph (1642-1703) und Johann Ludwig (1677-1731) Bach. Neben der größeren Spannung der Live-Aufnahme und erleichterten Beteiligung der Zuhörer durch den Blick auf die Ausführenden erscheint mir erstaunlicherweise auch die Tonqualität dieser Aufnahme besser als bei der Übernahme von der CD-Konserve - insgesamt absolut prächtig (an zwei Stellen ist es leicht irritierend, dass das Orgelpositiv anscheinend nicht über den erforderlichen tiefsten Basston verfügt - was aber die Qualität der gesamten Aufnahme nicht wirklich beeinträchtigt).
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Mir ziemlich am liebsten ist aber die Einspielung mit der Kölner Akademie: Heinrich Schütz - Musikalisches Exequien, https://www.youtube.com/watch?v=7A0lBZEIkEE, Gesamtdauer 21:55, eingestellt 2021, aktuell rd. 10.500 Aufrufe: Nur 6 Sänger:innen, Orgelpositiv und Gambe, ergibt - im passenden Raum mit der passenden Aufnahmetechnik - zugleich maximale & dezente Klangfülle und Transparenz. Die einzelnen Stimmen sind nicht überkünstelt trocken, sondern eher menschlich warm, individuell charaktervoll und doch auch gut zusammenklingend. Die dabei teils ungewöhnliche Stimmenzuweisung (eine Bassstimme bei „Unser Leben währet …“ dem Alt zugewiesen) fällt nicht negativ auf, wenngleich ich die Aufteilung - auch zwischen den beiden Bass-Timbres - bei Vox Luminis eindrucksvoller finde. Durch die Beschränkung auf SWV 279 ist außerdem der zeitliche Umfang gut überschaubar. (Die um Vorspann angegebene Besetzungsliste ist übrigens teilweise falsch, wobei ich den Tenor Poplutz durchaus erkennen kann, aber z.B. offensichtlich keine Violinen beteiligt sind, sie würden ja bei diesem Musikstück auch bloß stören.)
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Erwähnen möchte ich schließlich auch die von mir hauptsächlich genutzte CD-Version mit der Schütz-Akademie unter Howard Arman, mit weiteren Werken von Schütz (SWV 378 und 388), von Michael Praetorius (1571-1621), Schein und Johannes Christoph Demantius (1567-1643), aufgenommen 1992 und mehrfach veröffentlicht, meine Ausgabe von edel/Berlin Classics, 1994 - ebenfalls sehr schön und mit etwas breiterer Basso-Continuo-Ausstattung. Bei YouTube ist der erste Teil der Exequien (SWV 279) unter: Musikalische Exequien, Op. 7: Nacket bin ich von Mutterleibe kommen SWV 279, https://www.youtube.com/watch?v=kiIcc2C4z8w, zu finden, 22:59 Minuten, eingestellt am 08.08.2015, aktuell (06.02.2024) 546 Aufrufe - meines Erachtens noch immer als Referenz geeignet; die unangemessen geringe Aufrufzahl von musikalischen Top-Aufnahmen haben wir ja auch schon an anderen Stellen festgestellt. Die komplette Trackliste der CD mit 10 Titeln lässt sich auch abrufen: https://www.youtube.com/playlist?list=OLAK5uy_kx7K2Dev6bTZzR-RkQ-B5tO0Y9B2bEoC4, Schütz/Praetorius/Schein/Demantius: 17th Century Funeral Music, Gesamtdauer: 01:00:35 Stunden, nach aktueller Angabe (06.02.2024) vor 2 Tagen aktualisiert und 240 Aufrufe.